Zum 1. Januar 2017 tritt ein neues Pflegegesetz in Kraft. Mit dem Zweiten Pflegestärkungsgesetz (PSG II), wie es vollständig heißt, werden die bisherigen Pflegestufen I bis III und die Sondereinstufung der Pflegestufe 0 durch fünf Pflegegrade ersetzt. Während die alten Pflegestufen im Wesentlich auf körperliche Einschränkungen abstellten, wird in den neuen Pflegegraden auch eine eingeschränkte Alltagskompetenz berücksichtigt, wie sie insbesondere durch Demenz bedingt ist.
Automatische Überleitung mit Bestandsschutz
Die größte Reform seit Einführung der Pflegeversicherung definiert den Begriff der Pflegebedürftigkeit vollkommen neu. Fünf Stufen reichen von geringer bis zu schwerster Beeinträchtigung der Selbstständigkeit. Hinter diesen Begriffen stecken konkrete Sachverhalte, die im Rahmen des Neuen Begutachtungsassessments (NBA) bewertet werden. In den sechs Kategorien Mobilität, kognitive und kommunikative Fähigkeiten, Verhaltensweisen und psychische Problemlagen, Selbstversorgung, Umgang mit krankheits- oder therapiebedingten Anforderungen (zum Beispiel Medikamenteneinnahme oder Verbandswechsel) sowie Gestaltung des Alltagslebens und soziale Kontakte werden bis zu 100 Punkte vergeben, wobei eine höhere Punktzahl einer stärkeren Beeinträchtigung entspricht. Ab 12,5 Punkten ist bereits der Pflegegrad 1 erreicht, Pflegegrad 5 beginnt bei 90 Punkten.
Wer bereits pflegebedürftig ist und eine Pflegestufe nach altem Recht hat, braucht sich keiner besonderen Prüfung mehr zu unterziehen. Das PSG II sieht eine Überleitung in der Weise vor, dass Menschen mit einer körperlichen Beeinträchtigung automatisch den nächst höheren Pflegegrad erhalten. Aus Pflegestufe I (und auch aus Pflegestufe 0) wird also Pflegegrad 2, aus Pflegestufe II der Pflegegrad 3 und aus Pflegestufe III der Pflegegrad 4. Kommt eine Einschränkung der Alltagskompetenz beispielsweise durch Demenz hinzu, wird sogar der übernächste Pflegegrad zuerkannt, also wird beispielsweise Pflegestufe I sofort zu Pflegegrad 3. Die bisherige Pflegestufe III mit Härtefall-Regelung wird wie bei eingeschränkter Alltagskompetenz zum Pflegegrad 5.
Mehr Geld, aber auch höherer Beitrag
Die neuen Einstufungen bedeuten für viele Betroffene mehr Pflegegeld für die pflegenden Angehörigen oder eine Betreuungskraft aus dem Ausland, die sich im Rahmen einer 24-Stunden-Betreuung um den Pflegebedürftigen kümmert (hier mehr erfahren). Alternativ stehen höhere Sachleistungen für einen ambulanten Pflegedienst zur Verfügung. Wer beispielsweise bislang einen Angehörigen in der Pflegestufe I versorgte, bekam dafür 244 EUR Pflegegeld. Nach Pflegegrad 2 sind es künftig 316 EUR. Bei Pflegestufe I mit Demenz steigt die Leistung sogar von 316 EUR auf 545 EUR nach Pflegegrad 3. Im stationären Bereich sind in einigen Fallkonstellationen geringere Leistungen aus der Pflegeversicherung vorgesehen, aber dann greift der Bestandsschutz.
Ein neues Pflegegesetz mit besseren Leistungen will aber auch finanziert sein. Der Beitragssatz zur Pflegeversicherung steigt um insgesamt 0,5 Prozentpunkte, und mit den Inkrafttreten des PSG II zum 1. Januar 2017 wird die zweite Stufe mit 0,2 Prozentpunkten wirksam. Er beträgt dann 2,55 % bzw. 2,80 % für Kinderlose. Der Grundbeitrag wird paritätisch zwischen Arbeitgeber und Arbeitnehmer mit jeweils 1,275 % geteilt. Eine Ausnahme gilt für Sachsen, hier zahlt der Arbeitgeber nur 0,775 %. Die kuriose Ausnahme resultiert aus dem Buß- und Bettag, der 1995 nur von Sachsen als Feiertag beibehalten wurde.
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