Harninkontinenz im Alter vorbeugen und behandeln

Viele – übrigens nicht nur ältere – Menschen leiden unter Harninkontinenz. In Deutschland sind rund zwei Millionen Patienten über sechzig Jahren von dieser unangenehmen, belastenden Krankheit so stark betroffen, dass sie behandelt werden müssen. Das ist ungefähr jeder Neunte in dieser Altersgruppe. Die Gesamtzahl der unter Harninkontinenz leidenden Frauen und Männer wird auf rund zehn Millionen geschätzt – mit steigender Tendenz. Der demografische Wandel und die Zunahme chronischer Erkrankungen wie Diabetes, Parkinson und Demenz beschleunigen die Entwicklung und rücken Inkontinenz zugleich in den Fokus der Mediziner.

Erste Hilfe für den Alltag

Ein großes Problem in Zusammenhang mit Harninkontinenz ist die Einschränkung der Lebensqualität. Betroffene gehen aus Scham oder Angst vor einem „Unglück“ nicht mehr nach draußen, isolieren sich selbst, verfallen schlimmstenfalls in Depressionen. Folgeerkrankungen der Haut, sogar ein erhöhtes Sturzrisiko, führen zu Krankenhausaufenthalten und schließlich zur Notwendigkeit einer stationären Pflege. Das muss nicht sein. Verfallen Sie nicht in Panik, wenn Sie Inkontinenz bei sich bemerken. Windeln oder Windelslips für Erwachsene sind gängige Produkte, die man nicht heimlich unter der Ladentheke kaufen muss und die unkompliziert und unauffällig im Alltag getragen werden können.

Therapie ohne Tabletten

Dass Sie mit dieser Hilfe Ihren gewohnten Alltag weiterleben und Ihren Freizeitaktivitäten nachgehen können, bringt Sie schon ein großes Stück weiter und reduziert das Risiko psychologischer Probleme aufgrund der Inkontinenz. Das sollte Sie aber nicht daran hindern, das Problem bei der Wurzel zu packen. Es gibt wirksame Therapie-Optionen, von denen einige ganz ohne Chemie oder operativen Eingriff funktionieren. Bei Frauen zeigt beispielsweise Beckenbodentraining signifikante Erfolge, auch vorbeugend. Elektrotherapie oder Magnetstimulation können das Beckenbodentraining unterstützen. Auch Toilettentraining ist wichtig. Darunter versteht man nicht nur das Einhalten fester Toilettenzeiten, sondern auch die Steuerung von Trinkmengen und die Auswahl geeigneter Getränke. Allerdings sollten alle Trainings unter ärztlicher Kontrolle erfolgen, denn sie sind individuell auf jeden Patienten abzustimmen, auf seine Gewohnheiten und seine Mobilität. Es bringt zum Beispiel gar nichts, einfach weniger zu trinken. Damit halst man sich nur neue Probleme auf. Der Verzicht auf Kaffee, scharfe Gewürze, die die Blase reizen, und Nikotin kann dagegen eine deutliche Besserung bedeuten. Eine gesündere Ernährung reduziert Übergewicht und damit auch die Symptomatik von Harninkontinenz.

Medikamente oder Operation

Inkontinenz kann als unerwünschte Nebenwirkung durch Medikamente auftreten. Diese Möglichkeit klären Sie bitte mit Ihrem Arzt. Setzen Sie keine verordnete Medikation ohne Rücksprache einfach ab. Ob ein Medikament gegen Harninkontinenz helfen kann, hängt von deren Ursache ab. Gegen Belastungsinkontinenz, Dranginkontinenz und seit einigen Jahren auch gegen die sogenannte überaktive Blase (OAB = overactive bladder) gibt es Wirkstoffe. Alternativ kann bei OAB auch ein implantierter Schrittmacher für die Blase helfen. Bei Östrogenmangel bietet sich eine lokale Hormontherapie an. Letzter Ausweg ist eine Operation. Sowohl für Frauen als auch für Männer gibt es die Möglichkeit eines künstlichen Schließmuskels, der per Pumpe bedient wird, oder einer funktionellen Schlinge, die vorhandene Restaktivitäten des Schließmuskels unterstützt.

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